Der nachfolgende Link enthält zu Dokumentationszwecken die PDF-Datei eines (zumindest auch) für Kinder gedachten Malbuchs, das am 17.02.2020 beim Bürgerdialog der AfD in Krefeld im Seidenweberhaus auslag.
Im Impressum ist die AfD-Fraktion NRW und Verantwortlich im Sinne des Presserechts Michael M. Schwarzer angegeben. Das Grußwort ist unterschrieben von Markus Wagner. Die Zeichnungen stammen von „Roberto Obscuro“ und laut Grußwort zu Beginn des Heftes soll die parlamentarische Arbeit der AfD in NRW in dem Buch vorgestellt werden.
Bekannt wurde das Malbuch durch einen Tweet von JonasStic:
War gerade mit meinen Zeck*innen beim AfD-Bürgerdialog in Krefeld. Dort lagen Ausmalbücher für Kinder aus mit Bildern die an Karikaturen aus dem Völkischen Beobachter erinnern. pic.twitter.com/fJpQOcYM81
— JonasStic????????☀️✊ (@gruenesocke161) February 17, 2020
Einmal mehr gewährt uns die rassistische Partei damit einen Einblick in ihr krudes Weltbild. Es fällt auf, dass sich die Bilder nicht nur einer vermeintlich verfehlten Asyl- und Zuwanderungspolitik widmen, sondern (z.B.) auch die hier lebenden Türken und Türkinnen als schießwütige Prolls und übergewichtige Vollverschleierte darstellen. Das ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht von rund 500.000 seit Jahrzehnten in NRW lebenden Türken und Türkinnen, es offenbart auch, dass von den National-Chauvinisten generell Menschengruppen ins Visier genommen und verunglimpft werden, die aufgrund ihrer äußerlichen Merkmale oder ihrer Familiengeschichte nicht als deutsch angesehen werden. Noch unverhohlener kann Rassismus kaum sein.
Ein paar Beispiele:
Neben unverfänglichen Zeichnungen des Dortmunder U und des Straßenverkehrs im Ruhrgebiet finden sich vor allem auch rassistische Zeichnungen und hämische Seitenhiebe auf soziale Bewegungen wieder. So wird der Aktivismus gegen sexuelle Belästigung, der mit #MeToo weltweit Wellen schlug, durch Schafe dargestellt, die ein Plakat mit der Aufschrift „mäh #too“ tragen.
In einer Zeichnung ein paar Seiten später wird der Kölner Dom abgebildet, zusammen mit Bannern, die in falscher Rechtschreibung „Welcome“ abbilden, dazu Menschen auf fliegenden Teppichen. Letzteres ist schlicht und ergreifend plumper Rassismus, der auf uralte Stereotype zurückgreift. Die Botschaft: Die Menschen, die eine „Willkommenskultur“ in Deutschland etablieren wollten, sind ein bisschen dumm (weil sie nicht richtig schreiben können) und empfangen die primitiven und gewalttätigen Ankömmlinge aus „dem Orient“ – die schon ihre Messer gezückt haben und sich über diese Dummheit freuen. Die Zeichnung soll wohl außerdem auf die Kölner Silvesternacht 2015/2016 anspielen, in der es zu zahlreichen sexuellen Übergriffen und Diebstählen von Männern aus nordafrikanischen Ländern gekommen ist.
Mit der rassistischen Bildsprache geht es weiter: Eine überfüllte Stadt (Wuppertal?), in der nur Frauen mit Kopftuch und Kindern zu sehen sind, erzählt das Märchen von der „Umvolkung“. Die Darstellung einer überfüllten Straße mit Männern, die chaotisch mit Waffen und Türkei-Flaggen im Autokorso unterwegs sind, stellt diese als primitive, einheitliche und gefährliche Masse dar und eine Freibad-Situation bildet „afrikanisch“ aussehende Männer ab, die Frauen aus dem Becken vertreiben und ihnen die Bikinis ausziehen. Auch hier wurde auf uralte Stilmittel gesetzt: Die Männer werden durch Knochen im Haar und durch große Ohrlöcher als „anders“ markiert Es ist offensichtlich, wer damit gemeint sein soll: der böse, afrikanische Mann. Triebgesteuert, primitiv und eine Gefahr für „die deutsche Frau“.
Bei diesen Stilelementen handelt es sich schlicht um rassistische Werkzeuge und Propaganda, auf die auch schon während der Kolonialzeit und zu Zeiten der Sklaverei in den USA zurückgegriffen wurde, um Menschen in „zivilisiert“ und „unzivilisiert“, „wertvoll“ und „wertlos“, „schön“ und „hässlich“ einzuteilen. Die Zeichnungen stehen eindeutig in dieser Tradition und es ist nur schwer anzunehmen, dass die AfD nicht wusste, was sie da tut.
Es ist außerdem ironisch, dass die AfD einerseits nicht müde wird, vor der Gefahr für deutsche Frauen durch geflüchtete Männer zu warnen, andererseits aber nur wenige Seiten vorher Frauen, die sich gegen jede sexuelle Belästigung wehren, als dumme Schafherde darstellt.
Da kann man nur zynisch lachen, wenn es auf einer anderen Seite heißt „Mehr Bildung statt Gesinnung“. Denn wenn hier eins offensichtlich wird, dann die braune Gesinnung der AfD – in einem Malbuch, das auch an Kinder adressiert ist.
Die unglaubwürdige Distanzierung der AfD-Landtagsfraktion – zuvor stelle die AfD sich noch als Opfer einer „linksextremistischen Skandalisierung“ dar – nehmen wir indes nicht für voll. Das halbherzige Zurückrudern nach einem Sturm der Entrüstung hat seit Jahren Methode und sollte als das betitelt werden, was es ist: Ein stetig neues Austesten und Ausreizen der „Grenze des Sagbaren“.