Broschüre „(extrem) rechte Strukturen in Krefeld 1945–2023“ erhältlich

Online (9€):

shop.vvn-bda.de

Vor Ort (Spende: 3–10€):

Krefeld:
Der Andere Buchladen: Dionysiusstraße 7, 47798 Krefeld
35blumen: Westwall 80B, 47798 Krefeld
AStA HSNR: Büro Krefeld West, Adlerstr. 35, 47798 Krefeld
H5 – Anarchistisches Freiraumprojekt: Hardenbergstraße 5, 47799 Krefeld
Tannenhöhe: Tannenstraße 147, 47798 Krefeld

Duisburg:
ZK Hochfeld: Sankt-Johann-Straße 18, 47053 Duisburg
Syntopia: Gerokstr. 2, 47053 Duisburg

Düsseldorf:
Buchladen BiBaBuZe: Aachener Str. 1, 40223 Düsseldorf

Köln:
Jugendclub Courage: Sechzigstraße 73, 50733 Köln

Mönchengladbach:
Köntges: Waldhausener Str. 16, 41061 Mönchengladbach

Offener Lesekreis – Adorno: Erziehung zur Mündigkeit

Der offene Lesekreis Krefeld geht in die nächste Runde.
Ab dem 16.02. befassen wir uns mit der Textsammlung „Erziehung zur Mündigkeit“ von Theodor W. Adorno.

Bitte lest vor dem ersten Termin das Kapitel „Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit“, sodass wir direkt mit der Diskussion beginnen können. Wir starten am 16.02. um 18:30 Uhr im AStA-Keller in Krefeld. Im Frühjahr ziehen wir dann wie gewohnt ins 35blumen um. Wir freuen uns auf Euch.

(Unvollständige) Mitschriften einiger Besprechungen zu „Der eindimensionale Mensch“ von Herbert Marcuse gibt’s auf unserer Website adkr.noblogs.org unter dem Menüpunkt „Lesekreis“.

Kurzbericht #kr1301 – Keine AfD-Demo in Krefeld

Aus dem geplanten Demozug der AfD durch die Krefelder Innenstadt wurde dank des angekündigten Gegenprotests nichts. Die AfD musste sich mit einer Kundgebung vor dem Hauptbahnhof zufrieden geben. Den etwa 50-70 AfDlern – darunter auch mehrere Personen der Krefelder Querdenken-Szene (inklusive Initiator und Anmelder) – stellten sich 50 Antifaschistinnen und Antifaschisten entgegen. Obwohl die Polizei die Anmeldung spontaner Gegenkundgebungen untersagte und ankündigte, bei Parolen einzuschreiten, gelang es dem Gegenprotest, die AfD-Kundgebung zu umzingeln und lautstark zu stören.

Nach der Kundgebung kam es zu vereinzelten Konfrontationen mit AfD-Anhängern und der Polizei. Solltet Ihr Post bekommen, meldet Euch bei uns.

Krefeld bleibt damit auch im Januar 2023 weiterhin AfD-Demonstrations-frei.

Danke für Euer aller Erscheinen. Unsere Solidarität gegen ihren Nationalismus!

„Der erste Arbeiteraufstand der deutschen Geschichte“ – Karl Marx

Am 4. November 1828 rebellierten etwa 2000 Krefelder Seidenweber gegen ihre schlechte Bezahlung und die Absicht der Fabrikbesitzer, die Löhne um 15% zu kürzen. Im Zuge des Aufstandes wurden die Häuser mehrerer Fabrik-Besitzer aufgesucht und die Fensterscheiben der Familie von der Leyen mit Steinen eingeworfen. Die „Seidenbarone“ von der Leyen zählten damals zum wichtigsten Textilunternehmen in der Seiden-Metropole Krefeld.

Ende des 18. und Anfang/Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Arbeitsbedingungen hart. 12- bis 18-Stunden-Arbeitstage bei unerträglicher Hitze und starkem Lärm waren die Regel. Etwa 40% der Krefelder Seidenarbeiter waren unter 14 Jahre, eine große Anzahl soll sogar nur 5 oder 6 Jahre alt gewesen sein. Der nach Ankündigung einer massiven Lohnsenkung – nicht nur der von der Leyens – organisierte Aufstand wurde nach kurzer Zeit durch das herbeigeeilte 2. Westfälische Husaren-Regiment niedergeschlagen. Der „erste Arbeiteraufstand der deutschen Geschichte“, wie Karl Marx ihn nannte, blieb also weitestgehend folgenlos.

20 Jahre später, im Zuge des Umbruchs in Frankreich und Deutschland, mussten die Fensterscheiben der Krefelder „Seidenbarone“ am 20. März 1848 erneut dran glauben. Das Wohnhaus des besonders verhassten Seidenunternehmers Abraham ter Meer wurde von den aufgebrachten Arbeitern gestürmt und verwüstet. Weil die „Seidenbarone“ weitere Ausschreitungen fürchteten, ließen sie militärische Hilfe herbeirufen und setzten sich eine Woche später mit einer Delegation der Weber an einen Tisch, um verschiedene Arbeitnehmerrechte schriftlich festzuhalten – es entstand ein Vorläufer des heute üblichen Tarifvertrages.

Umso erstaunlicher, dass der Seidenweberaufstand sowohl in der Krefelder als auch der marxistischen Geschichtsschreibung keinerlei nennenswerte Rezeption findet. Gelten die „Seidenbarone“ rund um von der Leyen, ter Meer oder de Greiff als die maßgeblichen politischen Former der Stadt und ihrer Geschichte, finden sich die Samtweber lediglich als lokalpatriotische Folklore und Sinnbild für die Seidenkultur in der Selbstwahrnehmung wieder.

Die Erzählung Krefelds als Samt- und Seidenstadt ist eine zutiefst apolitische. Dabei zeigt der Weberaufstand, dass die Arbeiter mehr waren als nur wehrloses Menschenmaterial, das den „Seidenbaronen“ als Arbeitskraft unterstand, sondern handelnde und politische Subjekte, die ein erstes Kapitel in der langen Geschichte für den Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und ein eigenes Bewusstsein als Arbeiter geschrieben haben. Was fehlt, ist eine gesellschaftskritische Geschichtsschreibung des Konflikts von unten statt der Versöhnung von oben.

Stadt Krefeld wirft Diskussionsveranstaltung zum Krieg in Kurdistan aus dem Kulturprogramm

Auch 2022 findet in Krefeld wieder die „interkulturelle Woche“ statt, in der unter dem Motto „Raus aus Deiner Bubble #offengeht #wirinkrefeld“ Veranstaltungen dazu einladen, „sich zu neuen Perspektiven inspirieren zu lassen, in den Austausch zu gehen mit Menschen und Institutionen“. Oberbürgermeister Frank Meyer leitet das Programm im Vorwort u. a. wie folgt ein: „Denn am liebsten bewegen wir uns natürlich in unserem eigenen Umfeld und verbringen unsere Zeit mit Menschen, die ähnlich ticken wie wir selbst. Dass auch jenseits des Gartenzauns spannende Lebensgeschichten, bedenkenswerte Positionen und interessante Menschen warten, das lässt sich bei der Interkulturellen Woche stets aufs Neue erleben.“

Ganz so ernst hat man diese Floskel aber scheinbar nicht genommen. Denn die von der Linken Ratsgruppe organisierte Veranstaltung „Deutsch-Türkische Freundschaft. Der ewige Krieg gegen Kurdistan“ wurde kurzerhand aus dem Programmheft gestrichen – nachdem dieses bereits gedruckt war. Protest war vermutlich von der „UNION der Türkischen und Islamischen Vereine in Krefeld“ an Herrn Meyer herangetragen worden. Die Veranstaltung – so auch die spätere Begründung – gefährde den sozialen Frieden in Krefeld.

Vorausgegangen war dieser Entscheidung ein weiterer Konflikt vor über einem Monat: Der Rat der Stadt Krefeld stimmte erfolgreich über eine Resolution ab, den Angriffskrieg der Türkei in Nordsyrien und im Nordirak zu verurteilen. Mitglieder der UNION versuchten durch Stören der Debatte und durch verbale Attacken, das Votum zu beeinflussen – erfolglos. Dass nun das Programm der „interkulturellen Woche“ um eine wichtige Perspektive gebracht wird, kann man durchaus als späten Kompromiss oder Einknicken vor dem türkisch-islamischen Verein werten. Dabei verwundert es ohnehin, dass die UNION einen solch starken Einfluss auf die Krefelder Lokalpolitik zu nehmen im Stande ist.

Neben mehreren DİTİB-Gemeinden (die bekanntermaßen als verlängerter politischer Arm der Türkei gesehen werden können) ist auch die Islamische Gemeinschaft Haci Bayram Veli Camii e.V. Mitglied des Vereins; eine Moscheegemeinde, die zur islamistisch-nationalistischen – und zumindest in Teilen antisemitischen – Millî Görüş-Bewegung gehört.

Natürlich findet die Diskussionsveranstaltung der Linken Ratsgruppe und des Deutsch-Kurdischen Freundschaftsvereins zum Angriffskrieg in Kurdistan trotzdem statt – nur eben nicht im Zuge der „interkulturellen Woche“. Diskutieren werden Ismail Küpeli und Ayten Kaplan, im Anschluss gibt es Live-Musik.

27.9.22 18:00 Uhr im Südbahnhof. Jetzt erst recht.

Kurzbericht #kr0705

Mit 140 Personen waren wir heute auf der Straße, um gegen den Wahlkampfabschluss der AfD NRW in Krefeld zu protestieren. Unsere Demonstration zog vom Hauptbahnhof über die Einkaufsstraße zum Rathausplatz, wo die AfD bereits ihre spärlich besuchten Stände aufgebaut hatte. Die folgenden zwei Stunden Redebeiträge wurden immer wieder durch den lauten Gegenprotest übertönt. Lieben Dank an alle, die sich uns angeschlossen haben und so kurz vor der Landtagswahl noch einmal deutlich gemacht haben: Die AfD ist ganz sicher keine Alternative, sondern vielmehr das Gesicht der ganz „normalen“ Hässlichkeit.

Nicht vorenthalten möchten wir diese grandiose Analyse des Klimawandels aus der Rede des Krefelder AfD-Politikers Martin Vincentz:

„Aber schön, dass wir das mal in aller Deutlichkeit so sehen konnten, wo Ihr Euch da drüben [Gegenprotest] so schön vermummt bei diesem schönen Wetter aufstellt. Bei diesem schönen Wetter sich zu vermummen, da sind wir vielleicht beim nächsten Thema. Die Sonne scheint heute AfD-Blau vom Himmel, ein wunderschönes Zeichen. Ich denke, der ein oder andere von Euch [AfD-Publikum] wird extra nochmal durch die Gegend gedieselt sein, um den eigentlich angekündigten Regen zu verhindern. Und wenn man Euch dann als Klimaleugner bezeichnet, wer leugnet denn dann das Klima? Ihr heut in Sommerkleidung oder die, die voll vermummt hinter ihren Transparenten stehen und den Regen von oben erwarten?“

7. Mai: AfD NRW Wahlkampfabschluss crashen

Die AfD will „Deutschland. aber normal.“ Diese Forderung feiert die ganze Hässlichkeit des Bestehenden. Ressentimentschürende Konkurrenz, den gewaltsamen Ausschluss der „Anderen“, Misogynie, Homophobie und Rassismus verklärt die AfD im parlamentarischen Spektrum am stärksten zum Idealzustand eines verloren geglaubten Gestern. Am 7. Mai feiert die selbsternannte Partei des kleinen Mannes, die diesem nichts anzubieten hat außer Heimatkitsch und Hassobjekte, ihren Wahlkampfabschluss auf dem Krefelder Rathausplatz. Ihr spießbürgerlicher Kampfbegriff speist sich aus der Liebe zum Status Quo und der Verachtung alles Abweichenden.

Ihr Ideal ist vielen die Hölle! Wir rufen daher dazu auf, ihnen dieses Fest der „Normalität“ zu vermiesen.

7. Mai 2022 – 10:00 Uhr
Hauptbahnhof Krefeld

M31 – heute vor 10 Jahren

Am 31. März 2012 fand in Frankfurt am Main eine Demonstration anlässlich des “Internationalen Tags gegen Kapitalismus” statt. Nachdem aus der Masse der mehreren tausend Teilnehmenden einige Gegenstände auf Gebäude und Polizeibeamtete flogen, kesselte die Polizei 450 Demonstrierende ein und hielt diese teils über zehn Stunden in Gewahrsam und behandelte sie in Polizeiwachen in Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden und Offenbach erkennungsdienstlich. Einige Personen berichteten, dass sie sich dabei komplett haben entkleiden müssen.

Im Anschluss gründete die Polizei eine 25-köpfige Ermittlungsgruppe, wertete unter anderem Funkzellendaten aus und die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags ein. Außerdem wurden Aufenthaltsverbote für die zwei Monate später stattgefundene Blockupy-Demonstration verhängt und Anfang 2013 die Wohnungen von acht Fotografen durchsucht – was zurecht bundesweite Empörung auslöste.

Am 9. Dezember 2014 – also über 1 1/2 Jahre nach der Demonstration – fanden dann mehrere Hausdurchsuchungen in Krefeld statt, bei denen die Polizei diverse elektronische Gegenstände beschlagnahmte und nach gewissen Kleidungsstücken Ausschau hielt. Eine der Personen, die diese Tortur über sich ergehen lassen musste, war bei der M31-Demonstration nachweislich nicht einmal anwesend; alleine die Tatsache, dass sie mit einer anwesenden Person SMS-Kontakt hatte, genügte für einen Durchsuchungsbeschluss.

Bereits am 15. und 16. Juni 2014 hatte das Amtsgericht Frankfurt die Durchsuchungsbeschlüsse für die Krefelder Wohnungen unterschrieben. Durchgeführt wurden diese aber erst knapp sechs Monate später, also nur wenige Tage, bevor die Durchsuchungsbeschlüsse ihre Gültigkeit verloren hätten. Es ist also nicht davon auszugehen, dass die Polizei sich von den Durchsuchungen irgendwelche Erkenntnisse erhofft hatte. Tatendrang, Schikane und Einschüchterung wirken wie die naheliegenderen Motive.

Möglich machte dies der auch medial stark rezipierte Vorwurf, ein Kontaktbeamter der Polizei sei bei der Demonstration in Tötungsabsicht mit einer unbekannten chemischen Flüssigkeit verletzt worden. Später stellte sich heraus, dass es sich bei dieser Flüssigkeit mutmaßlich um solches Pfefferspray handelte, das von der Polizei Literweise bei unzähligen Demonstrationen versprüht wird. Klar, dass dann der Vorwurf des versuchten Totschlags schnell zum Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung heruntergestuft wurde.

Übrigens: Der gesamte Polizeikessel wurde im Nachgang vom Gericht als rechtswidrig bewertet und die Frankfurter Polizei musste über 80.000 € Schadensgeld zahlen. Eine Entschädigung für die über fast zwei Jahre beschlagnahmten elektronischen Geräte gab es natürlich nicht.