Stadt Krefeld wirft Diskussionsveranstaltung zum Krieg in Kurdistan aus dem Kulturprogramm

Auch 2022 findet in Krefeld wieder die „interkulturelle Woche“ statt, in der unter dem Motto „Raus aus Deiner Bubble #offengeht #wirinkrefeld“ Veranstaltungen dazu einladen, „sich zu neuen Perspektiven inspirieren zu lassen, in den Austausch zu gehen mit Menschen und Institutionen“. Oberbürgermeister Frank Meyer leitet das Programm im Vorwort u. a. wie folgt ein: „Denn am liebsten bewegen wir uns natürlich in unserem eigenen Umfeld und verbringen unsere Zeit mit Menschen, die ähnlich ticken wie wir selbst. Dass auch jenseits des Gartenzauns spannende Lebensgeschichten, bedenkenswerte Positionen und interessante Menschen warten, das lässt sich bei der Interkulturellen Woche stets aufs Neue erleben.“

Ganz so ernst hat man diese Floskel aber scheinbar nicht genommen. Denn die von der Linken Ratsgruppe organisierte Veranstaltung „Deutsch-Türkische Freundschaft. Der ewige Krieg gegen Kurdistan“ wurde kurzerhand aus dem Programmheft gestrichen – nachdem dieses bereits gedruckt war. Protest war vermutlich von der „UNION der Türkischen und Islamischen Vereine in Krefeld“ an Herrn Meyer herangetragen worden. Die Veranstaltung – so auch die spätere Begründung – gefährde den sozialen Frieden in Krefeld.

Vorausgegangen war dieser Entscheidung ein weiterer Konflikt vor über einem Monat: Der Rat der Stadt Krefeld stimmte erfolgreich über eine Resolution ab, den Angriffskrieg der Türkei in Nordsyrien und im Nordirak zu verurteilen. Mitglieder der UNION versuchten durch Stören der Debatte und durch verbale Attacken, das Votum zu beeinflussen – erfolglos. Dass nun das Programm der „interkulturellen Woche“ um eine wichtige Perspektive gebracht wird, kann man durchaus als späten Kompromiss oder Einknicken vor dem türkisch-islamischen Verein werten. Dabei verwundert es ohnehin, dass die UNION einen solch starken Einfluss auf die Krefelder Lokalpolitik zu nehmen im Stande ist.

Neben mehreren DİTİB-Gemeinden (die bekanntermaßen als verlängerter politischer Arm der Türkei gesehen werden können) ist auch die Islamische Gemeinschaft Haci Bayram Veli Camii e.V. Mitglied des Vereins; eine Moscheegemeinde, die zur islamistisch-nationalistischen – und zumindest in Teilen antisemitischen – Millî Görüş-Bewegung gehört.

Natürlich findet die Diskussionsveranstaltung der Linken Ratsgruppe und des Deutsch-Kurdischen Freundschaftsvereins zum Angriffskrieg in Kurdistan trotzdem statt – nur eben nicht im Zuge der „interkulturellen Woche“. Diskutieren werden Ismail Küpeli und Ayten Kaplan, im Anschluss gibt es Live-Musik.

27.9.22 18:00 Uhr im Südbahnhof. Jetzt erst recht.